Faschismus damals – und heute?

13. Juni 2024  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Kundgebung des Blocco Studentesco, studentische Organisation der neofaschistischen Bewegung CasaPound Italia, 2013 (Wikimedia: Pietro Chiocca, CC BY-SA 3.0)

Die Entstehungsgeschichte des historischen Faschismus und ähnliche Tendenzen in der heutigen digitalen Welt waren Schwerpunkte des Vortrags „Faschismus. Analyse autoritärer Entwicklungen im 21. Jahrhundert“ von Natascha Strobl. Die Veranstaltung wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert.

Staat und Ideologie

Muss sich der Faschismus zwangsläufig auf den Nationalstaat stützen oder kann es auch ein grenzüberschreitendes Machtprojekt sein, fragte sich Natascha Strobl. Hört man dem Begründer der faschistischen Bewegung, Benito Mussolini, zu, nein. Dieser definierte die Ideologie mit den Worten „Nichts gegen den Staat, nichts neben dem Staat und nichts über dem Staat.“

Weltkrieg und Gewalt

Zur Entstehung des Faschismus braucht es der Rechtsextremismus-Expertin zufolge mehrere Faktoren und Gruppen, die damit ihre Interessen vorantreiben können. „Die aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrten Soldaten waren nicht mehr in die bürgerliche Gesellschaft zu integrieren“, erläuterte sie die Folgen des Massensterbens. Allein in den zwölf Isonzoschlachten von 1915 bis 1917 hatte das Königreich Italien über eine Million Menschen Verluste durch Tod, Verletzung oder Gefangenschaft zu beklagen. Mussolinis faschistische Kampfgruppen bestanden meist aus solchen traumatisierten Veteranen, die den Kampf wieder auf die Straße trugen.

Bourgeoisie gegen Arbeiter*innen

Eine zweite Gruppe stellten die Söhne der Landbesitzer dar, die infolge der Landbesetzungen innerhalb der zwei „roten Jahre“ (1919/20: Biennio rosso) um ihre Stellung und ihren Besitz fürchteten. Um gegen die organisierten Landarbeiter*innen vorzugehen, bedienten sie sich Mussolinis faschistischer Schwarzhemden. Und auch die Unternehmer hatten in ihren Betrieben wenig Interesse an linker Agitation und Generalstreik. Der Gründung der Partito Nazionale Fascista 1921 folgte ein Jahr später der „Marsch auf Rom“ und die Ernennung des Faschistenführers zum Ministerpräsident Italiens durch König Viktor Emanuel III.

Konservative und Faschisten

In Österreich kam es unter dem christsoziale Kanzler Engelbert Dollfuß zu einem Klerikalfaschismus. Er fußte auf Hass gegen die sozialen Projekte im „Roten Wien“, einem rabiaten Antisemitismus und dem Verbot der nationalsozialistischen Bewegung, da diese als rechte Konkurrenz verstanden wurde. In Deutschland lehnten die Anhänger der „Konservativen Revolution“ um Edgar Julius Jung, dem Redenschreiber des einstigen Reichskanzlers Franz von Papen, das parlamentarische System genauso ab wie die Nationalsozialisten – Jung bezeichnete den Parlamentarismus etwa als die „Herrschaft der Minderwertigen“. Nach der Machtübernahme Hitlers wurde er jedoch im Zuge der Röhm-Affäre 1934 verhaftet und erschossen.

Die „Neue Rechte“

In Frankreich knüpfte die „Neue Rechte“ seit den 60er Jahren an die Tradition der „Konservativen Revolution“ an, um sich vom Nationalsozialismus abzugrenzen. Man versuchte unter Bezugnahme auf den italienischen Marxisten Antonio Gramsci sein Konzept der „Kulturellen Hegemonie“ für rechte Zwecke dienlich zu machen. So sollten rechte Begriffe in den gesellschaftlichen Diskurs gebracht werden, um so die politische Meinung nach rechts zu verschieben. Erfolgte dies anfangs durch Artikel im „Le Figaro“ oder der FAZ, war die Nutzung der Sozialen Medien für diese Strategie ein weiterer Meilenstein.

Kampffeld Internet

„Auch im digitalen Raum rotten sich Menschen zusammen, um mit Posts und Kommentaren auf Andersdenkende einzuschlagen“, zog Strobl einen Vergleich zur körperlichen Gewalt der „Fasci di combattimento“ oder der Sturm-Abteilung. Dieses Gefühl der Selbstermächtigung führe zu einer kollektiven Dynamik, die sich immer weiter hochschaukele. Sie definierte Rechtsextremismus als eine Ideologie der Ungleichwertigkeit von Menschengruppen anhand Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder Klassenzugehörigkeit. Faschismus hingegen sei ein Ultranationalismus, der auf eine mythische Wiedergeburt des Volkes abziele.

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