Das Gesetz zur Förderung der Bundeswehr

23. Juli 2024  Politik
Geschrieben von Redaktion

Proteste zur Eröffnung des Showrooms in Berlin-Mitte des Karriere-Centers der Bundeswehr, 2014 (Aktion Freiheit statt Angst, CC BY 2.0)

Die voranschreitende Militarisierung an bayerischen Schulen und Universitäten, aber auch im Gesundheitswesen, war Thema der Veranstaltung „Zwang zur Militarisierung oder Zeitenwende?“. Diese wurde von GEW und ver.di Bayern organisiert und fand im Gewerkschaftshaus Nürnberg statt.

Kita-Plätze oder Panzer

In den Pflegeheimen finden kaum Angebote für die Bewohner*innen statt, weil das Geld für Personal fehlt, auch der Zustand der Schulen ist schlecht. „Auf 13 Kita-Plätze kommen 93 Anfragen“, nimmt Michael Käser, Pfarrer in Schwabach und Sprecher des Friedensforums Nürnberg, ein weiteres Beispiel aus seinem Berufsalltag. In solch einer Situation habe die Bundeswehr 100 Milliarden Euro Schulden machen können – Gelder, die an anderer Stelle fehlten.

„Es gibt keine ,Guten‘“

„Meine Schüler machen ihren Abschluss und werden demnächst irgendwann eingezogen“, blickte der Religionslehrer in die Zukunft. Doch anlässlich von Beerdigungen erlebe er immer wieder, wie Krieg ein Leben präge. So sei es ein wiederkehrendes Motiv, dass die Personen als Kinder aus den einst ostpreußischen Gebieten fliehen mussten. „Wir waren Deutsche, aber jeder hat uns hier gehasst“, gab er die damaligen Erlebnisse in der Bundesrepublik der 50er Jahre wieder. „Es gibt im Krieg keine ,Guten‘ – Krieg ist scheiße!“ fand Käser eindrückliche Worte.

Militärforschung an Hochschulen

Christiane Fuchs von der GEW Bayern ging auf das Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern ein, das kürzlich vom Landtag in München beschlossen worden war. So werden etwa Zivilklauseln an Hochschulen verboten – also dort beschlossene Selbstverpflichtungen, nicht an militärischen Projekten zu forschen. „Das greift in die Autonomie der Hochschulen ein“, kritisierte sie. Und auch das nun verankerte Kooperationsgebot – die Pflicht zur Zusammenarbeit zwischen Militärs und Wissenschaftler*innen „aus Gründen der nationalen Sicherheit“ stelle einen massiven Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit der Forscher*innen dar.

Werben fürs Sterben

Darüber hinaus haben staatliche Schulen künftig das Gebot, mit Jugendoffizier*innen zusammenzuarbeiten. Als Karriereberater*innen erhalten sie nun Zutritt zu den Bildungseinrichtungen. „Die Bundeswehr ist ein politisch neutraler Akteur“, ist etwa eine Aussage, die Fuchs in diesem Zusammenhang hörte. „Wir bezweifeln, dass speziell, aber nicht pädagogisch ausgebildete Jugendoffizier*innen der Bundeswehr die geeigneten Lehrkräfte für einen sicherheitspolitischen Exkurs im Sozialkundeunterricht sind“, verweist sie auf die Kritik der Gewerkschaft. Vielmehr bräuchte es politische Bildung, die Kriegsursachen und die Folgen der Kriege thematisiere.

Umbau der Gesellschaft

„Wie gehen Beschäftigte an der Hochschule damit um, wenn sie jetzt für militärische Zwecke forschen sollen?“, fragte sich Harald Forstner,der bei ver.di im Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft tätig ist. Hätten sie das gewollt, wären sie von vornherein zu Diehl Defence gegangen und hätten dort das Dreifache verdient, merkt er an. Das Gesetz sehe er in einer Linie mit weiteren Maßnahmen, die Gesellschaft hin zu Krieg und Militär umzubauen. Davon seien auch die Gewerkschaften betroffen. „Eine klare Positionierung zu Waffenlieferungen an die Ukraine ist gescheitert“, erinnerte der Stellvertreter in der Kommission für Ethik sicherheitsrelevanter Forschung (KEF) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg an den letzten ver.di-Gewerkschaftstag.

Gesundheit in militärischen Konflikten

Dem Gesundheitssicherstellungsgesetz, welches von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) thematisiert worden war, widmete sich Hannes Wandt von den Ärzt*innen zur Verhinderung eines Atomkriegs (IPPNW). „Die Bevorratung an Medikamenten, Betten und Personal soll kostenneutral vonstatten gehen“, beschrieb er die Vorbereitung auf Katastrophen und militärische Konflikte. Ein gleichlautendes Gesetz sei in den 80ern am Widerstand der Ärzt*innenschaft sowie der Bevölkerung gescheitert. So hätten kommunale Erzieher*innen, Psycholog*innen oder Sozialarbeiter*innen im Krisenfall unter dem Kommando der Bundeswehr gestanden. Doch sei an flächendeckende Versorgung im Falle eines atomaren Schlagabtauschs sowieso nicht mehr zu denken, erläuterte der ehemalige Leiter der Abteilung für Knochenmark- und Stammzelltransplantation am Klinikum Nürnberg. Als Lektüre verwies er dabei auf das Buch „Die Überlebenden werden die Toten beneiden“.

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